Musik zum Lesen – Mein Coming-Out

Musik zum Lesen – Mein Coming-Out


„Ich wollte immer treu sein, aber da waren dauernd die Musiker, die den guten Vorsätzen den Weg verstellten. Es war wie beim Rattenfänger von Hameln: Es macht einer schöne Musik, und ich schleiche hinterher wie ein paralysiertes Kaninchen. Ich habe mich dann gerettet vor so vielen Abstürzen, indem ich Musik zu einem Teil meines Berufes machte – über Musik schreiben, für Musik arbeiten, Libretti verfassen und bearbeiten, zwölf Jahre an der Kölner Kinderoper mitwirken, immer nah dran an dem, was Musik kann…“

Elke Heidenreich

(Ein Traum von Musik: 46 Liebeserklärungen (German Edition) (p. 11). Random House Verlagsgruppe GmbH.

1984, Olympia in L.A., der Song der Spiele hatte den Titel „Reach Out“ und eine Metzgersgattin aus Wanne-Eickel lehnte regelmäßig auf ihrem Fensterbrett und kommentierte die olympischen Geschehnisse. Was mir intensiv hängen geblieben ist: ihre Frage, wer bloß dieser „Richard“ sei, von dem sie da immer sängen…. So lernte ich Elke Heidenreich in meinen Zwanzigern kennen. Ich lebte noch in Namibia, Zugang zu deutschem Fernsehen hatten wir noch nicht, Streamen gab es auch noch nicht – aber Videokassetten! Und einen pfiffigen Verleiher in Windhoek, der die Familie in Deutschland anstellte, alles Wichtige zu den Olympischen Spielen aufzunehmen und nach Namibia (das zu dem Zeitpunkt noch Südwestafrika hieß) zu schicken. Knapp eine Woche nach den Ereignissen konnten wir die Kassetten dann ausleihen, und zu meinem großen Glück fand jemand die pfiffigen Beiträge von Elke Heidenreich interessant genug, um sie mitzuschneiden….

Seitdem bin ich bekennender Fan von Elke Heidenreich! Ob Else Stratmann, die jahrelange Brigitte-Kolumne oder ihre Sendung Lesen! – es ist alles dabei, ehrlich, gern auch mal gegen den Strich und immer ein Genuss.

Natürlich hat Elke Heidenreich viel mehr gemacht, ihr Lebenswerk aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Ich möchte mich auf ihre große Liebe zur Musik, egal ob Klassik oder Pop konzentrieren.

Foto – Elke Heidenreich © Leonie Kleist



Denn in der Tat – Musik hat sie ihr ganzes Leben lang begleitet, genauso wie Bücher.

Weil Schubert tot ist, muss man eben stellvertretend jenen lieben, der die „Wanderfantasie“ spielt, „man küsst (die) Musiker, obwohl man doch immer nur die Musik küssen möchte.“ (Ein Traum von Musik).

Ich darf ja hier ganz voreingenommen und parteiisch schreiben, und als ganz großer Fan von Elke Heidenreich habe ich vor Freude einen Purzelbaum gemacht – und das ist mit 64 wirklich nicht so leicht! – als ich erfuhr, dass die bekannte Schriftstellerin und Literaturkritikerin diesen Sommer mit dem Pianisten Marc-Aurel Floros, ihrem Lebensgefährten, in Immling eine Lesung mit und über die Musik präsentiert.

Das ist es, was Immling ausmacht: es ist nicht nur Oper und Konzert, es geht einfach um alles, was irgendwie mit Musik zu tun hat. Ob die „Dreigroschenoper“ zur Aufführung kommt, die eigentlich nicht zur Operngattung gehört, oder es mal ein

Foto – Cornelia von Kerssenbrock & Festivalchor © Verena von Kerssenbrock



Ballett gibt, jeden Sommer ist eine „musikalische“ Überraschung dabei! Und in diesem Jahr haben Sie das große Vergnügen, die von Elke Heidenreich mit Lust und Leidenschaft vorgetragenen Texte (bis jetzt hat mir noch jeder gefallen…) über Musik und ihren Einfluss auf unser aller Leben zu hören.

Und sollten Sie ebenfalls Fan sein, dürfen Sie auch ein Buch zum Signieren mitbringen! Karten gibt es noch, das Ganze findet in unserem klimatisierten Festspielhaus statt und wenn Sie mich fragen, gehört das sicher zu einem Event, dass Sie auf keinen Fall verpassen sollten!

Nicht fehlen darf auch der Hinweis auf die große Operngala. Ich schaue jedes Jahr schnell den Spielplan durch, ob es dieses Jahr wieder eine gibt, und HURRA, noch ein Highlight in diesem Sommer!

Die Operngala ist eine Würdigung unseres Festivalchors – 80 Choristen aus der Region (einige kommen von München!) – mit ihrem Einsatz für Immling ein ganz wichtiger Teil. Während des Festivals singen sie mit jungen Sängern aus China, Georgien, Island, Namibia, Frankreich, Usbekistan, Aserbaidschan und natürlich Bayern, denn auch der Chor ist international besetzt. Unsere Choristen leben im Sommer faktisch in Immling, proben täglich, viele nehmen sich Urlaub für die Zeit der Aufführungen. Und was die alles können müssen: italienische und französische Texte auswendig lernen, wie die Profis auf der Bühne mit den Solisten agieren, während des Schauspiels nie den Blick für den nächsten Einsatz verlieren, zwischen Proben und Aufführungen die Stimme schonen.

Bei unserer Operngala singen sie dann ohne Pausen, für „Laien“-Sänger auch nicht ohne! Da haben sie unsere Unterstützung unbedingt verdient! Aber das Immlinger Publikum weiß, was es an seinem Festivalchor hat – bei der Aida-Premiere gab es eine stehende Ovation für den Chor!

Sie sehen, diese Woche ist so einiges geboten auf dem Chiemgauer Hügel, also schauen Sie rein, es lohnt sich auf jeden Fall!

Wie immer herzlichst

Ihre Christiane Berker

Foto – Festivalchor © Verena von Kerssenbrock