Rückblick auf das Jahr 2014

“Otello“ von Giuseppe Verdi

Inszenierung: Magdalena Fuchsberger
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Über das Werk

Die Handlung der Opernadaption hält sich streng am literarischen Vorbild und spielt ebenfalls auf der Insel Zypern: Inmitten eines Sturms kehrt der maurische General Otello siegreich aus dem Krieg gegen die Türken zu seiner jungen Frau Desdemona zurück. Kurz nach seiner Ankunft, wird er alsbald zum Opfer des ungezügelten Hasses seines Leutnants Jago. Dieser, als durchweg böse dargestellter Charakter, ist zu allem bereit, um seinen Herrn zu Fall zu bringen. Im Zuge einer ausgeklügelten Intrige nutzt er seine Stellung als Vertrauter des Feldherrn, um Otellos Misstrauen gegenüber seiner Frau zu wecken und davon zu überzeugen, dass Desdemona ihn mit dem Leutnant Cassio betrügt. Er liefert falsche Beweise für ihre Schuld und schürt den Zorn Otellos an. Otellos Eifersucht verzehrt ihn und er tappt blindlings in Jagos Falle. Trotz der Beteuerungen ihrer Unschuld, tötet Otello sie mit bloßen Händen. Als er seinen Irrtum erkennt, erdolcht er sich.

Verdi und Shakespeare
Wie bei seinen Opernadaptionen von Shakespeares Macbeth oder Falstaff (eine Kombination aus ‚Die lustigen Weiber von Windsor‘ mit einigen Szenen aus Henry IV), bleibt die Handlung dicht am Original. Zwar muss auch Verdi aufgrund des Mediums das Libretto kürzen und Handlungsstränge verknappen, versucht jedoch Shakespeares Vorlage treu zu bleiben. Als er mit dem Librettisten Francesco Maria Piave an Macbeth arbeitet, schreibt er 1865 in einem Brief an ihn:
“Mi pare che servendosi del pensiero e delle stesse parole di Shakespeare sia più chiaro.“
Mir scheint, das es denselben Gedanken und dieselben Worte braucht, die Shakespeare verwendet hat, um Inhalte noch deutlicher darzustellen.
Verdi und die Kritiker

Zahlreiche Briefe Verdis enthalten Lobpreisungen an den englischen Dramatiker und auch sein respektvoller Umgang mit der literarischen Vorlage in seinen Adaptionen macht dies deutlich. Als nach der Uraufführung von Macbeth von einem Kritiker den Vorwurf bekam, er kenne sich mit Shakespeare nicht aus, schreibt er einen wütenden Brief an den Verleger Escudier am 28. April 1865:

“Chi trova che io non conoscevo Shakespeare quando scrissi il Macbeth. Oh in questo hanno un gran torto! Può darsi che io non abbia reso bene il Macbeth, ma che io non conosca, che non capisca, e non senta Shakespeare no, per Dio, nò. È una poeta di mia predilezione che ho avuto fra le mani dalla mia prima gioventù, e che leggo e rileggo continuamente.”

„Wer findet, ich habe mich mit Shakespeare nicht ausgekannt, als ich Macbeth schrieb, Oh der liegt sehr falsch! Man kann sagen, ich hätte Macbeth nicht gut umgesetzt, aber dass ich ihn nicht kenne, nicht verstehe und Shakespeare nicht fühle, nein, bei Gott, nein. Er ist mein liebster Poet, den ich seit meiner frühen Jugend in den Händen hielt und den ich lese und immer wieder erneut lese.“

„Bajazzo / Il Tabarro“  von Ruggero Leoncavallo / Giacomo Puccini

Inszenierung: Verena von Kerssenbrock
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Kostüme: Wiebke Horn
Lichtdesign: Arndt Sellentin
Einführung
Diese Inszenierung, mit ihren „emotional konnotierte Requisiten (Wiebke Horn) und seelenberührenden Lichtgestaltung (Arndt Sellentin)“, wie Stefan Ackermann sie beschrieb, spielte mit den Gegensätzen von harter, trostloser Realität und farbenfroher Illusion. Und wer könnte uns besser in diese Atmosphäre entführen als die Regisseurin selbst?
Das Konzept erzählt von Verena von Kerssenbrock
„In einer düsteren und tristen Gegend finden Kinder eine Clownnase. Lachen! Weinen! Fröhlichkeit! Die Phantasie beflügelt die Gedanken. Spielerisch gehen sie mit der Nase um, als plötzlich vor ihren Augen ein echter Clown erscheint. Träume entstehen aus den Seifenblasen, die in die Weite fliegen. Der dunkle Raum beginnt zu leben. Er verwandelt sich noch mehr, als die herbeigerufene Menge unter einer Abdeckung ein „Geschenk“ entdeckt. Bunt, farbenfroh sticht es heraus und lässt die Herzen höher schlagen. Was ist darin? Neugierig wird es geöffnet, der triste Alltag ist vergessen, die Träume dürfen fließen. Die Vorfreude darüber, am Abend eine Komödie sehen zu können, wird durch das Ertönen der Kirchenglocken verstärkt. Die Leichtigkeit der Gedanken lässt Schmerz und Freude wie ein Spiel aussehen. Nichts ist mehr da von den düsteren Gedanken des Alltags, alles gibt sich dem Zauber der Träume hin.“

“Montezuma” von Antonio Vivaldi

Inszenierung: Ludwig Baumann
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Einführung
Montezuma ist die rührende Romeo und Julia-Geschichte zweier Liebender aus verfeindeten Lagern, eingebettet in das historischen Kontext der Eroberung Mexikos durch den Spanier Fernando Cortes.
Nicht nur der Inhalt der Oper selbst ist eindrucksvoll, auch die Aufführungsgeschichte der Barockoper ist es wert, genauer betrachtet zu werden.
Die Aufführungen
Als „Montezuma“ am 14. November 1733 im Teatro Sant’Angelo in Venedig urauffgeführt wurde, galt das Werk als erste Oper mit exotischem Schauplatz als Sensation. Weitere Aufführungen lassen sich jedoch musikgeschichtlich nicht nachweisen. Schon zu Lebzeiten Vivaldis galt die Oper als verschollen.
Erst 1832, also fast 100 Jahre nach der Uraufführung, vererbte Carl Friedrich Zelter eine Handschrift mit umfangreichen Fragmenten der Oper an die Sing-Akademie zu Berlin. Ein weiteres Jahrhundert später, im Jahre 1943, wurde die Handschrift mit dem Archiv der Sing-Akademie nach Schlesien ausgelagert, von wo das Archiv später von der Roten Armee in die Sowjetunion verbracht wurde. Im Jahr 1999 in Kiew (Ukraine) vom Bachforscher Christoph Wolff wieder gefunden und 2001 in das Eigentum der Sing-Akademie nach Berlin zurück verbracht.
Aus dem Archiv
Dort im Archiv entdeckte ein Jahr später der Musikwissenschaftler Steffen Voss die Fragmente und bemerkte, dass der zweite Akt vollständig vorlag. Die Akte 1 und 2 waren jedoch nur teilweise vorhanden. Elf der zweiundzwanzig Arien und Ensembles sind vollständig erhalten, vier immerhin in Fragmenten, sieben sind jedoch gänzlich verloren. Die überlieferten Teile der Partitur wurden und werden für Aufführungen verschiedentlich ergänzt, durch Parodie und/oder Neukomposition.
Die Ergänzung

Zusätzlich zur nachträglichen Vervollständigung der Oper, fügte Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock zusammen mit den Daniel Herrmann-Collini und Camila de Laborde der Oper noch einen weiteren Aspekt hinzu. In der Tradition der Ba-Rock Opern wurde die originale Opernkomposition mit elektronischer Musik ergänzt.