Rückblick auf das Jahr 2002

„Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai

Inszenierung: Verena von Kerssenbrock
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock
Endspurt im Jubiläumscountdown

„Die lustigen Weiber von Windsor“, eine komisch-fantastische Oper in drei Akten von Otto Nicolai.

Das Libretto verfasste Salomon Hermann Mosenthal nach Shakespeares Komödie „The Merry Wives of Windsor“. Die Uraufführung fand am 9. März 1849 am Königlichen Opernhaus in Berlin unter dem Dirigat des Komponisten statt. Im heutigen Beitrag liegt unser Fokus auf der Hauptfigur: Woher stammt die Figur des Falstaffs? Wie sieht die Entstehungsgeschichte der dramatischen Vorlage aus?

Die Operette spielt in der Pfalz am Anfang des 18. Jahrhunderts. Adam und seine Verlobte Christel wollen heiraten, doch es fehlt dem Vogelhändler an Geld. Um die Hochzeit finanzieren zu können. Deshalb trifft sich Christel mit dem Fürsten und besorgt ihm eine Anstellung. Allerdings missversteht Adam die Geste völlig: Er ist davon überzeugt, Christel habe eine Affäre mit dem Fürsten. Im Gegenzug verliebt er sich unverhofft in die Frau des Fürsten, die, getarnt als Bauernmädchen Marie, den Gerüchten um die Untreue ihres Mannes auf den Grund gehen will.

Woher stammt die Figur des Falstaffs? Wie sieht die Entstehungsgeschichte der dramatischen Vorlage aus?

Der dicke Ritter Falstaff ist eine von Shakespeares berühmtesten Figuren. Als Charakter, der sich maßlos den Freuden des Lebens hingibt und jeglicher moralischen Erwägung abholder ist, sticht er vor allem aus dem Drama Heinrich IV. heraus. Dieses historische Drama, das Shakespeare in seiner zweiten großen Tetralogie veröffentlicht hat, befasst sich mit der Zeit der Rosenkriege, eine Zeit des politischen Machtkampfs um die englische Krone. Falstaff taucht in der Tetralogie in drei der vier Werke auf: „Henry IV Teil 1“, „Henry IV Teil 2“ und „Henry V“. Falstaff ist ein Freund des Prince Hal, und verbringt die meiste Zeit mit Trinken, krumme Geschäfte abwickeln und ist allgemein kein guter Einfluss auf den Thronfolger. Als dieser dann nach dem Tod seines Vaters den Thron besteigt und das Land wieder zu altem Ruhm bringen will (inklusive verschiedener Eroberungen in Frankreich), ist für Falstaff, jetzt zum Ritter Sir John geschlagen, kein Platz mehr an seiner Seite.

Gerade, weil Falstaff mit seiner derben Art im Gegensatz zu den anderen, königlichen und ritterlichen Figuren der Shakespeare Historien so auffällt und für humorvolle Momente sorgt, war das damalige Publikum nicht bereit, den übergewichtigen Ritter gehen zu lassen. Laut einer Anekdote des Dramatikers John Dennis soll sogar Königin Elisabeth selbst sehr enttäuscht vom Abgang Falstaffs gewesen sein.

Sieben Jahre nach „Henry V“, im Jahre 1709, habe Elisabeth laut Shakespeare-Biograph Nicolas Rowe dem Dichter befohlen, Falstaff als Liebhaber auf die Bühne zu bringen. „Dieses Lustspiel“, erzählt Dennis, ,,wurde auf Befehl der Königin geschrieben, und sie war so begierig es zu sehen, dass sie befahl, es in vierzehn Tagen fertigzumachen.” Unwahrscheinlich ist das nicht, ist die Königin doch für ihren recht kräftigen Geschmack und rücksichtslosen Willen bekannt. Shakespeare Forscher erklären mit diesem Umstand auch, warum die Geschichte im Gegensatz zu anderen Komödien Shakespeares bei der Charakterisierung der Figuren schwächelt: Es war bestellte Arbeit, der Dichter hatte nur das Interesse, den Auftrag möglichst rasch zu erledigen.

Selbst wenn Shakespeare keine große Lust auf das Drama hatte, so hat er doch einen Klassiker der Theaterliteratur erschaffen: Mit den Lustigen Weibern von Windsor schuf Shakespeare eine turbulente Komödie, in der Falstaff zu sehen ist, diesmal als Liebhaber. Die Handlung knüpft dabei nur lose an der von „Henry V“ an. In seiner Komödie wird der Ritter als betrogener Betrüger und erfolgloser Verführer, nach Strich und Faden lächerlich gemacht.

Das Stück bietet zwar sehr wirkungsvolle Situationskomik, aber die Charaktere sind hier nur oberflächlich gezeichnet. Auf der heutigen deutschen Bühne wird das Stück deshalb nicht oft gespielt, doch ist das Stück mit Otto Nicolais Oper ,,Die lustigen Weiber von Windsor” (1849) – der freilich ein von Nicolai und dem Librettisten Mosenthal stark zusammengestrichenes Libretto zugrunde liegt – und mit Verdis ,,Falstaff” (1893) die am häufigsten gespielte Oper nach Shakespeare.

Bei der Inszenierung im Jahr 2002 stand Intendant Ludwig Baumann noch selbst auf der Bühne! Können Sie ihn auf den Fotos entdecken?

„Otello“ von Giuseppe Verdi

Regie: Isabel Ostermann
Ein Exkurs in die Darstellung von Macht zu Shakespeares Zeit

Wir machen heute einen kleinen Exkurs in die Kunstgeschichte und schauen uns die Darstellung von Königin Elizabeth I im berühmten Armada Portrait an.Sie wollen mehr über die Verbindung zwischen Verdi und Shakespeare erfahren? In unserem Beitrag zur „Otello“ Produktion im Jahre 2014 haben wir uns bereits angeschaut, was Verdi von dem Verfasser der dramatischen Vorlage gehalten hat.

Die Handlung

Die Handlung der Opernadaption hält sich streng am literarischen Vorbild und spielt ebenfalls auf der Insel Zypern: Inmitten eines Sturms kehrt der maurische General Otello siegreich aus dem Krieg gegen die Türken zu seiner jungen Frau Desdemona zurück. Kurz nach seiner Ankunft, wird er alsbald zum Opfer des ungezügelten Hasses seines Leutnants Jago. Dieser, als durchweg böse dargestellter Charakter ist zu allem bereit, um seinen Herrn zu Fall zu bringen. Im Zuge einer ausgeklügelten Intrige nutzt er seine Stellung als Vertrauter des Feldherrn, um Otellos Misstrauen gegenüber seiner Frau zu wecken und davon zu überzeugen, dass Desdemona ihn mit dem Leutnant Cassio betrügt. Er liefert falsche Beweise für ihre Schuld und schürt den Zorn Otellos an. Otellos Eifersucht verzehrt ihn und er tappt blindlings in Jagos Falle. Trotz der Beteuerungen ihrer Unschuld, tötet Otello sie mit bloßen Händen. Als er seinen Irrtum erkennt, erdolcht er sich.

Isabel Ostermann hat sich in ihrer Inszenierung für historische Kostüme entschieden. Auf den Inszenierungsfotos von Regine Koerner sieht man einige Ähnlichkeiten zu beispielsweise Queen Elizabeth I, Gönnerin, Gelgeberin und Schutzherrin über Shakespeares Schauspieltruppe.

Queen Elisabeth I.

Das wohl bekannteste Portrait von Queen Elizabeth I stammt aus dem Jahr 1588 und wurde mit Ölfarben auf Eichenholz gemalt. Es sind drei Versionen des Portraits erhalten, die alle unter dem gleichen Namen bekannt sind. Es zeigt die Tudor Königin als ein Sinnbild der Macht, umringt von symbolischen Gegenständen, die ihren Triumpf über die Spanische Armada (Seeflotte) aus dem Jahr 1588 verdeutlichen.

Die Königin, die in Lebensgröße dargestellt ist, wir umringt von einer Halskrause. Diese erinnert an Sonnenstrahlen, die von Elizabeths Gesicht ausgehen. Sie wird somit als Mittelpunkt und Quelle von Wärme, Schönheit und Güte gesehen. Mit dem Rücken zur Dunkelheit, dem Sturm und den untergehenden Schiffen der spanischen Armada, blickt sie in eine glorreiche, lichtvolle Zukunft. Ihre Hand liegt wie beiläufig auf einem Globus, wobei ihre Finger auf den Amerikas liegen: eine Andeutung auf den Plan, in der ‚neuen Welt‘ Kolonien zu gründen. Ein Finger zeigt dabei auf den Bundesstaat Virginia, der nach ihr, der Virgin Queen (jungfräulichen Königin), benannt ist.

Die überdimensionale Perlenkette symbolisiert die Keuschheit der Königin, die zeitlebens nicht heiratete und den Thron nach ihrem Tod ohne eigenen Thronfolger zurück lies. (Was Historiker nicht davon abhielt und abhält der Königin diverse Liebschaften und Affären anzuhängen!) Ihre Jungfräulichkeit wird auch im Farbschema betont: Elizabeths Hauptfarben sind schwarz und weiß und symbolisieren Keuschheit und Konstanz. Zusammen stellen die Farben ewige Jungfräulichkeit da.

Die Meerjungfrau, die hinter der Königin in Holz geschnitzt dargestellt ist, wird von Kunsthistorikern scharf diskutiert. Die mythische Figur der Meerjungfrau wurde in der frühen englischen Neuzeit als ein bösartiges Wesen gesehen, dass Seefahrer anlockt und in den Tod reist. So könnte sie entweder den Kontrast zur Königin darstellen, ihre Macht über die spanische Seeflotte symbolisieren oder auch für ihre Halbschwester Queen Mary stehen, die Elizabeth I hinrichten ließ.

Die Krone, die im Gemälde dargestellt ist, wird oft als Zeichen für den Aufbau eines Reiches gedeutet. Nichtsdestotrotz weißt es auch daraufhin, dass die Tudors von sich selbst behaupteten, von Brutus von Troja abzustammen. Dieser war, der Legende nach, ein Nachkomme von Aeneas, dem mythischen Gründer und ersten König Englands.