Rückblick auf das Jahr 2006
Wir starten frisch und vergnügt und blicken im Rahmen unseres Jubiläumscountdowns zurück auf das Jahr 2006! Eine der großen Eigenproduktionen aus dem Jahr ist „Don Carlos“, inszeniert von Verena von Kerssenbrock und unter der musikalischen Leitung von Ivan Anguélov mit Philharmonischen Staatsorchesters Baku aus Aserbaidschan und ausgestattet von Gilles Gubelmann.
“Don Carlos – Im Zeichen des Kreuzes” von Giuseppe Verdi
Bühnenbild und Kostüme: Gilles Gubelmann
Die literarische Vorlage für die Oper fand Verdi in Friedrich Schillers dramatischem Gedicht „Don Karlos, Infant von Spanien“. Bereits Verdi ließ das Werk in verschiedenen Versionen und unterschiedlicher Länge spielen. Das französische Original von 1867 gehört zum Genre der Grand Opéra und hat fünf Akte. Früher wurde meistens die zweite, gekürzte Fassung (Don Carlo) von 1884 in vier Akten auf Italienisch aufgeführt, heute überwiegend die letzte Fassung, auch Italienisch, aber wieder in fünf Akten. Manche Theater experimentieren mit Mischfassungen aus verschiedenen Versionen.
Die tragische Liebesgeschichte zwischen dem spanische Königssohn Don Carlo und die französische Prinzessin Elisabetta di Valois bildet den Mittelpunkt der Handlung der Oper. Doch für Regisseurin Verena von Kerssenbrock ist der religiöse Aspekt des Werkes ein wichtiger Hintergrund, vor dem die Akteure handeln und ihrem Schicksal erliegen:
„Carlos, gefangen in den düsteren Mauern seiner Zeit, sucht und sehnt sich nach dem eigentlichen Grundgedanken von Religion: „Liebe“. Aufgewachsen in einem dahinbröckelnden Staat, in der Religion nur mehr Unterwerfung und absolute Macht bedeutet, gibt es den Begriff der Liebe nicht mehr. Die in ihren Grundfesten schon längst völlig veraltete und reformbedürftige Kirche hat die Staatsmacht übernommen, ein strafender Richtergott beherrscht die Grundbedürfnisse des Menschen. Die Politik hat sich ganz und gar der monolithischen Macht der Kirche und deren „unantastbaren Glauben“ unterworfen. Mauern werden errichtet, Bücher verbrannt, Juden, Moslems, Protestanten und Andersdenkende verfolgt und schließlich hingerichtet. Ist das Religion?“
Auch das Bühnenbild spiegelt diesen Gedanken wider: Fokuspunkt ist ein großes Stahlkreuz, das sich während des Stückes in seiner Position immer wieder von drohend über dem Geschehen schwebenden Symbol bis hin zum auf der Bühne liegenden Podest verwandelt.
Eine eindrucksvolle Inszenierung, die Verdis großes Drama um Freiheit, Freundschaft, Verrat, Staatsräson und religiösen Fanatismus eindrucksvoll in Szene setzt.
„Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart
In unserem Beitrag zur Saison 2006 schauen wir heute auf eine Oper zurück, die zur Immlinger Kulturgeschichte gehört wie Noten zur Musik: „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Genau 10 Jahre nachdem Intendant Ludwig Baumann mit genau dieser Oper den Grundstein für das Immling Festival legte, inszenierte er „Die Zauberflöte“ neu. Begleitet wurde das Ensemble von den Münchner Symphonikern unter der Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock.
Doch Ludwig Baumanns Geschichte mit diesem Opernklassiker geht noch weiter zurück als seine historische Inszenierung aus dem Jahr 1997. Bis zum heutigen Tag hat er über sechs verschiedene Produktionen der Zauberflöte inszeniert und ausgestattet. In seiner Lieblingsrolle des Vogelfängers Papageno war er über 375-Mal auf den Bühnen der Welt zu sehen.
Wer noch mehr über den beeindruckenden Lebenslauf unseres Intendanten erfahren möchte, dem können wir hier den Artikel aus dem orpheus anlässlich seines 70. Geburtstags wärmstens empfehlen.
Wer lieber etwas für die Ohren möchte, für den haben wir einen kleinen musikalischen Einblick auf YouTube für euch entdeckt: „Ein Mädchen oder Weibchen“, die Arie in der Papageno erzählt, wie sehr er sich doch eine Gefährtin wünscht, frisch aufgenommen und gesungen von Ludwig Baumann im Jahr 1998.
Wer diese besondere Verbindung zwischen Baumann und die Zauberflöte kennt, für den ist es sicher kein Wunder, dass der Fokus seiner Regiearbeit besonders auf der lebensfrohen Figur des Vogelhändlers liegt. In der Inszenierung des Jahres 2006 übernahm diese Rolle der Koreaner Gérard Kim. „Das war damals tatsächlich gar nicht so leicht“, erzählt uns Baumann, als wir ihn auf diese spezielle Inszenierung ansprechen. „Jemanden aus Korea bayrische Sprüche beizubringen, die dem Charakter des Papagenos so viel Authentizität und Freude verleihen, hat ganz schön gedauert. Umso schöner ist es dann, wenn Papageno auf der Bühne ganz natürlich verkündet: ‚An dem Glocknspui muas wos hi sei!‘“ Natürlich ist es auch nicht untypisch, dass OpernsängerInnen schnell eine neue Sprache oder zumindest ihren Text auswendig lernen müssen. „Ob biblische Gesänge auf Tschechisch oder Oper auf Russisch, da muss man als Sänger durch!“, kommentiert Ludwig Baumann lachend.
Gérard Kim ist übrigens seit März 2015 Professor für Gesang an der Catholic University Daegu (Südkorea). Aufgrund der aktuellen Situation hat er sich dazu entschlossen, Tipps und Tricks für SängerInnen auf Koreanisch und Englisch auf seinem YouTube Account zu veröffentlichen. Zu seinen Videos geht es hier: