BLÜTENZAUBER UND LIEBESSPIEL
Mit der Premiere von Madama Butterfly am vergangenen Freitag fand das Immling Festival eine krönende Vollendung der diesjährigen Opern-Trilogie.
Die Stimmung am vergangenen Freitag war eine durch und durch besondere: Pastell-Farben zeigten sich am Himmel über Immling. In den Bauerngärten der Höfe und auch im Haarschmuck der Künstler:innen schillerten blütenreiche Motive. Und die vorangegangenen regnerischen Tage versprachen Frische und Klarheit an diesem sonnigen Abend.
Das einmalige Flair draußen entsprach ganz und gar der Atmosphäre im Inneren des Festspiel-Zeltes. Heute auf dem Programm: Madama Butterfly, die dritte Oper des diesjährigen Immling Festival. Im Mittelpunkt auf ein Neues eine Frau, die ihren Weg inmitten von Macht, Liebe und gesellschaftlichen Status sucht.
Vom Chiemgau führte die Reise diesmal nicht nach Paris, auch nicht in den heiligen Hain von Gallien, sondern in ein Teehaus von Nagasaki, wo sich der pastellfarbene Blütenzauber von draußen ins Innere auf die Bühne verlagerte: Dort erwartete Cio-Cio-San die Ankunft des Marineleutnant Pinkerton. Innerhalb der fernöstlich anmutenden Kulisse fand der Offizier sogleich Gefallen an der Zartheit und Verletzlichkeit der jungen Geisha. Und sie? …verfiel ebenfalls prompt dem Charme und der Stärke des fremden Mannes. Innerhalb der drei darauffolgenden Stunden entführten die beiden auf mitreißende Weise in das Liebes- und Machtspiel zwischen einer Frau, die in blindem Vertrauen in ihr Schicksal schlittert, und einem Mann, der schnelles Abenteuer und leichtes Spiel sucht und findet.
Jenish Ysmanov schlüpfte an diesem Abend in die Rolle des Pinkerton – miterleben konnte man und frau ihn bereits beim Festival-Auftakt von La Traviata in der Rolle des Alfredo. Bei Madama Butterfly zeigte er sich leidenschaftlich in seinem Ausdruck und musikalisch auf höchstem Niveau. Mit Spannung wurde der Auftritt der Sopranistin Yana Kleyn erwartet, die im Februar 2022 zum „Opern-Talent des Jahres“ ernannt wurde. Dieser Auszeichnung wurde sie mit ihrem Auftritt als Cio-Cio-San mehr als gerecht: Die Klarheit und Präzision in ihrer Stimme verzauberten vom ersten bis zum letzten Opern-Moment und stellten das Highlight des Abends dar. Evan Alex Christ schaffte es wie bereits bei Norma, die musikalische Leitung Cornelia von Kerssenbrock ebenbürtig zu vertreten und Chor und Orchester sicher durch den Abend zu geleiten
So stellte der Abend mit Madama Butterfly eine perfekte Vollendung der diesjährigen Opern-Trilogie dar. Denn wenngleich bei La Traviata, Norma und Madama Butterfly eine Frau im Mittelpunkt steht und es um Liebe, Macht und Verrat geht, so unterscheiden bzw. ergänzen sich die drei Stücke doch auf ganz einzigartige Weise in ihren Inszenierungen: La Traviata zeigt sich modern, schrill und vielschichtig, Norma eher minimalistisch und von sachlicher Couleur, die Madama Butterfly schließlich farbenfroh, leicht und lieblich. Eines haben sie neben der zentralen Frauen-Power und den damit einhergehenden Leitthemen gemeinsam: musikalisch hochrangiges Immling-Niveau, das trotz einiger krankheitsbedingter Ausfälle souverän gehalten werden kann.