Don Giovanni

Rezension Don Giovanni von Linus Land (Abiturient)

Verführer. Betrüger. Frauenheld. Mörder. Wüstling. Es gibt wohl keine Opernfigur, die so sehr zu einer gesellschaftlichen Symbolfigur geworden ist, deren Name mit so vielen Assoziationen verbunden ist, wie Mozarts Don Giovanni. Das ist auch nicht verwunderlich: zwar mögen die Themen, die der Antiheld repräsentiert und aufwirft, über die Jahrhunderte hinweg einen anderen Blickwinkel ermöglicht haben, dennoch haben sie nie an Aktualität und Wichtigkeit verloren. Eine frische Sichtweise auf die Oper und ihre Titelfigur ist demnach immer gerne gesehen; und den bekommt man in der Inszenierung von Verena von Kerssenbrock. Diese Fassung interpretiert die Figur sowohl psychologisch – Don Giovanni erliegt einem  Mutterkomplex – als auch im Zusammenhang mit der Gesellschaft um sie herum. Hierbei balanciert die Inszenierung geschickt auf dem schmalen Pfad, sich nicht vom Libretto zu entfernen und der Oper trotzdem einen neuen, modernen Anstrich zu verleihen. Modestas Sedlevičius singt und spielt die Rolle mit Leidenschaft und höchstprofessioneller Bravour, aber auch alle anderen großen Rollen überzeugen sowohl stimmlich als auch schauspielerisch. Cornelia von Kerssenbrock, die die musikalische Leitung übernommen hat, lässt einen in jeder Minute das musikalische Genies Mozarts spürbar machen und auch im Duo mit ihrer Schwester glänzen Einfälle und Umsetzung (dann nämlich, wenn die Inszenierung und die musikalische Leitung ineinander greifen, lassen Sie sich überraschen!). Das Bühnenbild ist gespickt mit wunderbaren Ideen, die ich Ihnen nicht vorwegnehmen möchte, die ganz abgesehen von ihrer Ästhetik viel Platz für Interpreationen und Diskussionen lassen. Besonders fein gemacht ist auch der Umgang mit Musik und Schauspiel; als wären sie von Fellini höchstpersönlich geleitet worden ist das Schauspiel auf jede Harmonie, jeden Ton angepasst. Die Folge: ein perfekter Einklang zwischen Libretto und Mozarts wunderbarer Musik, die Fragmente der Oper verschmelzen zu einem; und das erzeugt auch den großen Sog dieser Fassung von Don Giovanni .