Rückblick auf das Jahr 2011

“Don Giovanni” von Wolfgang Amadeus Mozart

Inszenierung: Petra Luisa Meyer
Musikalische Leitung: Georg Schmöhe (damaliger Chefdirigent der Münchner Symphoniker)

Handlung

Don Giovanni ist ein stadtbekannter skrupelloser Frauenverführer aus Sevilla. In Begleitung seines listigen Dieners Leporello bewegt er sich ständig in einem Umfeld aus Eroberung, Eifersucht und enttäuschten Frauen. Ob Donna Anna, die er zu verführen versucht, oder Elvira, die er bereits verlassen hat und die ihm alles andere als gut gesinnt ist. Dann entdeckt er auch noch Zerlina, die gerade dabei ist, ihren Verlobten Masetto zu heiraten. Immer wieder auf der Suche nach Neuem verlässt er seine aktuelle Geliebte, um eine Neue zu verführen. Sein Gegenspieler ist der Komtur, der Vater Donna Annas, den er bei einem Duell ersticht. Doch dieses Spiel der Leidenschaft und Enttäuschung währt nicht ewig. Im Mantel des Übernatürlichen holt die Statue des toten Komtur Don Giovanni aus dem Reich der Lebenden. Schließlich endet die Oper so, wie es das Konzept des Dramma giocoso (auch genannt Opera Buffa, ‚komische Oper‘) vorsieht: Das Gute siegt über das Böse.

Ensemble "Don Giovanni"

Entstehung

Als Mozart und sein Librettist Da Ponte 1787 an Don Giovanni arbeiten, ist die Themenwahl wenig überraschend. In den 1780er Jahren boomt die Produktion von italienischen Opern, die sich mit dem Don Juan Mythos auseinandersetzen. Jedoch war die Geschichte mit ihren übernatürlichen Elementen, den burlesken Szenen und der herausfordernden Unmoral ein mehr dem volkstümlichen Stegreiftheater verbundenes Sujet. Auch die Dramenstruktur war untypisch: Die Höhepunkte lagen zu Beginn (die Ermordung des Komtur) und am Ende (wenn Don Giovanni von der Statue des Komtur geholt wird). Das hielt das Duo jedoch nicht auf und so feierte die Oper am 29. Oktober 1787, im Ständetheater Prag, Premiere.

Operngattung

Als Gattung für „Don Giovanni“ geht Mozart von der ‚Opera buffa‘ aus, der komischen Oper. So ist Leporello beispielsweise geradezu der Prototyp des feigen und gefräßigen, aber witzigen und schlagfertigen Dieners. Dieser folgt in seiner Charakterisierung einer langen Tradition von Komödienfiguren. Auch Zerlina und Masetto gehören der Welt der Opera buffa an. Auch das für die komische Oper typische Verkleidungs- und Täuschungsspiel findet sich in „Don Giovanni.

Darüber hinaus finden sich aber auch halbernste (Donna Elvira, Don Giovanni) und ernste (Donna Anna, Don Ottavio) Partien, die eher der Tradition ‚Opera semiseria‘ (halbernste Oper) entsprechen. Anders als in den meisten anderen Don-Juan-Opern des 18. Jahrhunderts endet die Oper – zumindest formal – mit einem ‚lieto fine‘, einem guten Ausgang.

Goethe über „Don Giovanni“

Goethe sagte später im Jahre 1831 über das Stück übrigens:

„Eine geistige Schöpfung ist es,(…) wobei der Produzierende (Mozart) keineswegs (…) nach Willkür verfuhr, sondern wobei der Dämonische Geist seines Genies ihn in der Gewalt hatte, so daß er ausführen musste, was jener gebot.“

Im Gedanken an

Im Zuge dieses Rückblicks möchten wir auch Georg Schmöhe gedenken, der im Januar dieses Jahres im Alter von 81 Jahren verstorben ist und bedanken uns für die musikalischen Inspirationen, die er zusammen mit den Münchner Symphonikern nach Immling gebracht hat.

„Aida“  von Giuseppe Verdi

Inszenierung: Verena von Kerssenbrock
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock

„Erinnert Euch, dass ihr Menschen seid, und vergesst alles andere.“

(Albert Einstein, 1955)

Original Handlung

Im Original ist der Schauplatz der Oper Ägypten zur Zeit der Pharaonen. Die Titelfigur Aida ist eine äthiopische Königstochter, die nach Ägypten als Geisel verschleppt wurde. Die Liebe des ägyptischen Heerführers Radames zur ethiopischen Sklavin Aida ist so von Anfang an bedroht durch den Krieg, der ihren beiden Ländern bevorsteht. Eine weitere Bedrohung stammt von Seiten der Königstochter Amneris, die ebenfalls in Radames verliebt ist. Verworren zwischen Loyalität zum eigenen Land und der Liebe zueinander, wird Radames zum Landesverräter und Aida verliert ihren Vater. Ramades ergibt sich seinem Schicksal und wird zur Strafe lebendig eingemauert. In der Finsternis des Grabes findet Radames Aida, die ihm erneut ihre Liebe beteuert und gemeinsam nehmen sie von der Erde und vom Leben Abschied.

Neuinterpretation der Handlung von Verena von Kerssenbrock

Verena von Kerssenbrock hat sich jedoch entschieden, die Geschichte kräftig zu entstauben. Losgelöst von dem historischen Kontext der Pharaonen hat sie „hochspannendes Musikdrama von außergewöhnlicher Aktualität“ (Dr. Stefan Ackermann) geschaffen. Die als Naturvolk inszenierten Äthiopier präsentieren bei ihr ein Volk, „entfernt von jeder Zivilisation, völlig im Einklang mit Gott und der Natur lebend. Die Menschen sind miteinander verbunden und leben in höchster Achtung vor jeglichem Leben und der Schöpfung.“

Wie ein Märchen, das von verbotener Liebe, Kriegsgeschrei, heiligen Waffen, Rachedurst, Herrschaft und Unterdrückung handelt, lesen sich die weiteren Ausführungen der Regisseurin:

Doch dann nahte der Wissensdurst der zivilisierten Gesellschaft. Profilierungs- und Geltungssucht herausragender Forscher brachte die Kunde jener Existenz den Mächtigen des Landes. Nicht das Volk und die Lebensweise, die doch so unverständlich für die modern denkende Welt war, rückte in das Interesse der großen Politiker, sondern der Wert ihrer Bodenschätze. Schon bald ratterten die Panzer in die ach so liebliche Landschaft und bekundeten ihre Machtstellung. Dem Volk sollte „Hilfe“ zuteil kommen, es sollte zivilisiert werden. Und neben dieser doch so außerordentlich edlen Tat sollten gleich die Bodenschätze der Allgemeinheit zu Gute kommen. Gab es Widerstand – durfte geschossen werden.

Niemand machte sich die Mühe, das zu begreifen, was ihm fremd war. Nur einer: Radames, ein Soldat und Kundschafter des diktatorischen Königs einer großen Weltmacht spürte etwas, das er so bisher noch nie wahrgenommen hatte: Das Volk strahlte eine große Lebendigkeit und Lebensfreude aus. Besonders berührte ihn eine junge Frau. Erst als die Bodentruppen in das Paradies eindrangen, kommt es zu einer intensiven Begegnung, die gegenseitige Liebe strömen ließ. Sie schenkte ihm eine Feder. Diese Feder entstammte dem Vogel, der in der Kultur ihres Volkes ‚Leben‘ bedeutete. Der Name der Frau war Aida….

Dieser Vogel ist es auch, der die Oper im Gegensatz zum Original beinahe hoffnungsvoll enden lässt. Als Radames seinen Tod erwartet, erblickt er Aida. Diese ist ganz im Einklang mit sich selbst und trägt wieder das Gewand ihres Volkes. Mit ihrer Entschlossenheit ist ihre natürliche Urkraft zurückgekehrt. Der Funke ihrer Lebendigkeit springt zu Radames über und verwandelt auch ihn. Ihre Liebe verdrängt die Dunkelheit und öffnet die „Urform des Seins“.

Dies wird auch für das Publikum klar, als sie auf der Bühne den Vogel des Lebens wiedererkennen. Der Vogel, der den sicheren Tod besiegt, die Mauern öffnet und die Liebenden in ein neues, transformiertes Lebensglück führt.

Der Festivalchor

„Die Musik wird zum Träger der Handlung und zum Gestalter des dramatischen Geschehens. Ungesagtes wird so hörbar gemacht. Damit schaffen Mozart und sein Librettist Lorenzo da Ponte einen Mikrokosmos an Gefühlen von Menschen, die im Laufe eines Tages aufeinander prallen. Morgens, mittags, nachmittags und nachts: jeder Tageszeit, der dazugehörigen Atmosphäre und den Aggregatzuständen der Menschen ist ein Akt gewidmet. Wir dürfen die Figuren in ihrer Begrenzung und möglichen Grenzüberschreitung erleben, in der Intrige und Verstellung, im Licht und Dunkel ihrer Gefühle, für das es so schwer ist, Worte zu finden.“

„Orlando Furioso“ von Georg Friedrich Händel

Als letzten Beitrag zu unserem Rückblick in die Saison 2011 schauen wir uns heute ausnahmsweise nicht nur eine einzelne Inszenierung an. Denn, wie viele von Ihnen wissen werden, gehört zum Immling Festival noch viel mehr als ‚nur‘ Oper. Deswegen wagen wir heute einen Blick in das bunte Fotoalbum des Jahres 2011. Dabei legen wir den Fokus auf eine Sache, die Intendant Ludwig Baumann und der musikalische Leitung Cornelia von Kerssenbrock schon seit Beginn des Immling Festivals sehr am Herz liegt: die Förderung von Kindern und Jugendlichen!

Auch 2011 wurde das Opernprogramm „Don Giovanni“ (Mozart), „Aida“ (Verdi) und „Orlando Furioso“ (Händel)) mit zahlreichen weiteren Veranstaltungen auch für und von Kindern ergänzt.

Zum Beispiel mit der Kinderoper „Die Zauberflöte“ (Mozart), eine kunterbunte Inszenierung von Ludwig Baumann, die den Klassiker gekürzt und mit lustigen Dialogen versehen zum Spaß für Groß und Klein machte.

Im kleinen, zum englischen Burgschloss umgebauten Zelt, spuckte Sir Simon im Kinderstück „Das Gespenst von Canterville“ umher. Unter der Regie von Ludwig Baumann und der musikalischen Leitung von Iris Schmid gab es ein schaurig schönes Spektakel für die ganze Familie, bei dem der Kinderchor in die Hauptrollen schlüpfen durfte.

Es hieß „Aufruhr im Insektenland!“ bei der 8. Kinder-Kultur-Woche, bei der 80 Kinder sich die Bühne teilten und unter der Regie und Leitung von Verena von Kerssenbrock eine Woche lang alle Facetten des Theaters ausprobieren konnten. Ob Schauspiel, Tanz, Bühnenbild, Kostüm, Musik oder Zirkus, die Kinder eroberten eine Woche das gesamte Immling Gelände und konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Eins ist klar: für Kinder gibt es auf Immling immer wieder etwas zu entdecken! Das war vor 10 Jahren schon so und ist auch in der Jubiläumssaison 2021 wieder der Fall!