Rückblick auf das Jahr 2018

„Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber

Inszenierung: Verena von Kerssenbrock
Musikalischen Leitung: Evan Alexis Christ

Eine der wohl eindrucksvollsten Szenen der Produktion ist die Wolfsschlucht, in der die teuflischen Freikugeln gegossen werden. Damals hat unsere Backstage-Reporterin Lea einen Blick hinter die Kulissen geworfen. Sie war selbst Teil der Statisterie in der Wolfsschlucht und erzählt, wie es so ist, als untoter Soldat auf der Bühne zu sein.

Backstage mit Lea: "Der Freischütz"

HINTER DEN KULISSEN
Was viele vielleicht nicht wissen: Die Ganzkörperanzüge, mit denen die gefallenen Kriegssoldaten ausgestattet wurden, hatten ursprünglich keine Löcher für die Augen. Da man auf der Bühne aber durch Licht, Nebel und der vielen Aktion eh nicht viel sieht, kam es so bei den ersten Proben zu einigen Zusammenstößen. In Absprache mit unser Kostümbildnerin Sanna Dembowski wurden die Morphsuits dann ganz simpel mit einer Stoffschere angepasst. Damit war zwar ein Problem aus der Welt geschafft, jetzt mussten aber noch die bis zu zwei Meter langen Gedärme irgendwo in der zerrissenen Uniform versteckt werden. Da hatte jeder ‚Untoter‘ seine ganz eigene Strategie: Einige versteckten die langen, aus Nylonstrumpfhosen geformten Schläuche in ihren Hosenbeinen, andere in ihren Ärmeln oder Westentaschen, bis diese auf der Bühne zum Einsatz kamen.
Wer beim Backstage Video genau hinsieht, sieht, dass es sich bei der Gedärme-Aktion um fast eine Art Tanz handelt, in den die zwei Darsteller von Max (Johan Weigel) und Kaspar (Kosma Ranuer) hineingezogen werden. Das hat einen ganz praktischen Grund: Denn bei den ersten Proben schafften es die Statisten entweder nicht, die Hauptdarsteller richtig zu erwischen, sodass diese immer wieder verfehlt wurden, ohne die Gedärme verhedderten sich so, dass niemand zur richtigen Zeit auf seinem Platz war, da jeder beschäftigt war, seine Gedärme zu entknoten. Wenn man also so will, war diese Szene fast so etwas wie ein Ballett mit Gedärmen. Nicht ganz typisch für die Oper, aber eindeutig eindrucksvoll für das Publikum.

Trailer zu "Der Freischütz"

“La Bohème” von Giacomo Puccini

Inszenierung: Ludwig Baumann
Musikalische Leitung: Lorenzo Coladonato
Diese Oper haben wir zu Ende des letzten Jahres für unser Online Event “Immling at Home live” gestreamt und haben von Ihnen wunderschöne Reaktionen bekommen! Danke nochmal hierfür.
Der Stoff der vier Überlebenskünstler mitten in Paris berührt seit Uraufführung der Oper in Turin im Jahre 1896. Aber woher kommt der Stoff, der auch bei uns im Immling Festival das Publikum zu Tränen rührt?
Zum Glück hatten die großen Komponisten zu Puccinis Zeit noch keine sozialen Medien oder Whatsapp, sodass wir die Antwort von Giacomo Puccini selbst heute noch nachlesen konnten:
“Willst du die volle Wahrheit wissen? Die Geburtsstunde war an einem Regentag, als ich nichts zu tun hatte und mich daran machte, ein Buch zu lesen, das ich nicht kannte. Der Titel lautete „Scènes de la vie de bohème“, der Autor hieß Henri Murger. Das Buch nahm mich mit einem Schlag gefangen. In jener Umgebung von Studenten und Künstlern fühlte ich mich sofort zu Hause. Ich brauchte Episoden aus dem Gefühlsleben, die zu Herzen gehen. Und dann Gesang. In dem Buch von Murger war alles, was ich suche und liebe: die Frische, die Jugend, die Leidenschaft, die Fröhlichkeit, die schweigend vergossenen Tränen, die Liebe mit ihren Freuden und Leiden. Da ist Menschlichkeit, da ist Empfindung, da ist Herz. Und da ist vor allem Poesie, die göttliche Poesie. Sofort sagte ich mir: das ist der ideale Stoff für eine Oper.”
HINTERGRUNDINFO ZU PUCCINI UND LEONCAVALLO
Übrigens legte sein damaliger Komponistenfreund Ruggero Leoncavallo (z.B. „Paggliaci“, im dt. Raum „Der Bajazzo“) ihm damals auch einen Entwurf zu einer Vertonung der Romanvorlage vor, die Puccini aber ablehnte, da ihm das Libretto zu ‚literarisch‘ war. Leoncavallo arbeitete trotzdem weiter an seiner Bohème, was einen Wettstreit zwischen den Beiden auslöste, den Puccini am Ende gewann; seine Bohème wurde ein Jahr vor Leoncavallos uraufgeführt. Der Streit beendete die jahrelange Freundschaft der beiden Komponisten. Es gibt Stimmen in der Musikwissenschaft, die behaupten, dass Puccinis Version ohne diesen Zeitdruck wohl noch besser geworden wäre. Ein Meckern auf hohem Niveau, finden Sie nicht auch?

Trailer zu "La Bohème"

„Don Carlos“ von Giuseppe Verdi

Inszenierung: Stefano Simone Pintor
Musikalische Leitung: Lorenzo Coladonato
DIE GESCHICHTE
Spanien und Frankreich befinden sich im Krieg, die Bevölkerung beider Staaten leidet. Im Zuge eines Friedensbündnisses werden der spanische Königssohn Don Carlo und die französische Prinzessin Elisabetta di Valois einander versprochen. Tatsächlich ist es – ungewöhnlich für eine arrangierte Ehe – Liebe auf den ersten Blick. Als der spanische König Filippo entscheidet, Elisabetta doch selbst zu heiraten, zerbricht eine Welt für seinen Sohn. Elisabetta gilt nun als Don Carlos Mutter – und diese zu lieben als todeswürdiges Verbrechen…
Der italienische Regisseur Stefano Simone Pintor hat für seine Inszenierung ein Zitat von Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs als Grundlage gewählt:
„Die Staatsräson darf der menschlichen Vernunft nicht entgegenstehen.“
Staatsräson versus menschliche Vernunft, Macht versus Seele – eine Kluft, die mithilfe zweier Metaphern in unserer Inszenierung Gestalt annimmt. Die Staatsräson findet ihre Verkörperung im Stuhl als universalem Symbol der Macht. Jeder nimmt – ob beabsichtigt oder ungewollt – eine gewisse Position im Leben ein und damit auch auf „seinem“ oder „ihrem“ Stuhl Platz. Viel stärker als kulturell konnotierte Insignien wie Kronen, Zepter oder auch Kreuze im Sinne religiösen Einflusses eröffnen Stühle damit einen annähernd globalen Deutungskontext. Dem gegenüber steht das Lichtmotiv als Sinnbild der menschlichen Vernunft mit all ihren Schattierungen, wie sie insbesondere in der Figur des Don Carlo zu erkennen sind. Dieser spricht in seinen Auftritten immer wieder von Schatten und Geistern. Die Träume eines Lebens mit Elisabetta, das hätte sein können, verwandeln sich dabei in die Abgründe einer verzweifelten Seele.

Akademie Immling zeigt “The Wiz – Das Musical”

Inszenierung: Verena von Kerssenbrock
Musikalische Leitung: Cornelia von Kerssenbrock und Sieglinde Zehetbauer
Choreografie: Andrea, Robert und Tanja Honner
Die Akademie Immling Produktion im Jahr 2018 war besonders bunt. The Wiz – Das Musical erzählt die abenteuerliche Reise von Dorothy in das wunderbare Land OZ. Dort trifft sie auf den ängstlichen Löwen, einen eingerosteten Blechmann und einer Vogelscheuche ohne Gehirn. Zusammen macht sich die kunterbunte Gruppe auf den Weg zum großen Wiz. Der Zauberer soll Dorothy helfen, nach Hause zu kommen. Dem Löwen soll er Mut machen, dem Blechmann ein Herz und der Vogelscheuche ein Gehirn geben. Zusammen überstehen die vier Freunde so manche Gefahr. Erst zum Schluss merken sie, dass der große Zauberer eigentlich nur ein Schauspieler ohne wirkliche Zauberkraft ist. Das ist aber auch gar nicht so schlimm, denn während ihrer Reise haben sie festgestellt, dass alles, was die vier brauchen, sich schon lang in ihnen selbst steckt.
HINTER DEN KULISSEN:
Ein kleines Geheimnis sei an dieser Stelle verraten: Jedes Mal wenn sich die vier Freunde am Ende des Stücks verabschieden, wenn Dorothy endlich den Weg zurück nach Hause findet und ihre drei Begleiter zurück lassen muss, sind auf der Bühne auch ein paar echte Tränchen geflossen. Hinter der Bühne trafen sich zum Ende der Szene immer die drei Freunde, der Löwe, der Blechmann und die Vogelscheuche, nahmen sich in den Arm und sangen zusammen die letzten Töne des großen Finales, während der Rest des Ensembles mit Dorothy noch auf der Bühne stand. Während dieser Produktion, wie auch bei jeder anderen des Jugendchors der Akademie Immling, sind Freundschaften entstanden, die noch Jahre später bestehen. Zusammen Musik zu machen, Requisiten basteln und auf der Bühne zu stehen, während den Probenphasen ist der Jugendchor zu einer großen Familie zusammengewachsen.

Beitrag über junge Talente vom Salzburger Fernsehsender RTS